Sonntag, 7. November 2021

Rezension - Broken World. Wie willst du leben? von Jana Voosen

https://www.fischerverlage.de/buch/jana-voosen-broken-world-9783841421746


Ausgabe: Hardcover
Seiten: 384
ISBN: 978-3-
8414-2174-6
Preis: 18,99 €

Quelle des Covers: S. Fischer Verlag/FJB


Um in Vahvin überleben zu können, muss man stark und gesund sein. Wer den Schwachen hilft, dem droht die Höchststrafe, weshalb es strengstens verboten ist, diese zu unterstützen. Yma empfindet Mitleid, was für sie sehr gefährlich werden kann. 
 
Deshalb versucht sie ihre Emotionen und Empfindungen unter Kontrolle zu halten, doch als ihre beste Freundin verschwindet, beginnt Yma mit der Suche nach ihr. Dabei stößt sie auf den geheimnisvollen Len, der sie vor eine harte Entscheidung stellt. Yma muss sich überlegen, wer sie sein will und was sie bereit ist, zu riskieren, um in einer gerechteren Welt zu Leben.

 
Die in Broken World. Wie willst du Leben? von Jana Voosen aufgegriffenen Themen Gerechtigkeit, Hilfsbereitschaft und Selbstbestimmung, innerhalb einer dystopischen Welt, haben mich sogleich angesprochen, daher war ich neugierig, wie das Ganze von der Autorin umgesetzt wurde.

Das Leben wie wir es kennen, hat sich durch Kriege, Nahrungsknappheit und Überbevölkerung auf der Erde komplett verändert. Wo zuvor Hilfsbereitschaft, Fürsorge und Nächstenliebe bei vielen Menschen im Vordergrund standen und der größte Teil der Bevölkerung Zugang zu Kleidung, Lebensmitteln und medizinscher Versorgung hatte, herrschen nun die Reichen über die Armen. Der in vielen Ländern hochgelobte Sozialstaat, der die Kranken und Schwachen auffängt, wurde abgeschafft. Denn nur wer gesund und stark ist, seine Emotionen und Empfindungen unter Kontrolle hat, hat in dieser neuen Welt eine Chance. 
 
Dies weiß auch die junge Yma, die gemeinsam mit ihrer Mutter in einem etwas ärmeren Teil von Johtajas lebt. Um überhaupt über die Runden zu kommen, hat ihre Mutter zwei Jobs, damit sie etwas zu Essen haben und Yma zur Schule gehen kann. Yma ist ihrer Mutter dafür sehr dankbar und so lernt sie in jeder freien Minute, um Klassenbeste zu sein. Denn nur so hat sie später überhaupt eine Chance ein gutes Leben zu führen. Ihre beste und einzige Freundin Kimi hat es da viel einfacher. Ihre Eltern sind reich und leben in einer prunkvollen Villa, nebst Personal.
 
Die Kluft zwischen Arm und Reich könnte nicht größer sein. Die neue Gesellschaft duldet keine Kranken, Schwachen oder gar Sozialschmarotzer. Wer gesundheitliche Probleme hat oder todkrank ist, wird rigoros aus dem System entfernt und Hilfe, selbst innerhalb der Familie, ist strengstens verboten. Wer dagegen verstößt und erwischt wird, dem droht Gefängnis oder sogar der Tod. Besonders streng ist das Leben für die Jugendlichen reguliert, denn bereits dort gilt das Leistungsprinzip. Wer die Schule nicht ernst nimmt, dem droht ebenfalls der Ausschluss und dieser landet, wenn er Glück hat, in einem der vielen Elendsvierteln. Auch was die Liebe und sexuelle Erfahrungen angeht, sind diese Dinge gewissen Regeln unterworfen. Denn nur, wer bis zum 18. Lebensjahr seinen jährlichen Gesundheitscheck gemacht und diesen bestanden hat, darf sich mit dem anderen Geschlecht verabreden und so seinen Partner für die Zukunft bestimmen.

Genau vor diesem Termin fürchtet sich Yma sehr und sie hofft, dass das Lernen und ihr Ehrgeiz, nicht umsonst waren. Sie betet dafür, dass der Checkup negativ ausfällt und sich ihr heimlicher Schwarm Adriel für sie interessiert. Und Yma scheint das Glück hold zu sein. Sie bekommt ein lukratives Angebot von einer der erfolgreichsten Firmen, nebst Umzug in eine der modernsten und luxuriösesten Wohngegenden der Stadt angeboten und auch ihre Liebe wird von Adriel erwidert.

Die Eingewöhnung in die neue Wohnung sowie den neugewonnenen Luxus, der Druck, die Schule erfolgreich abzuschließen sowie bei ihrem Arbeitgeber positiv zu starten, belasten Yma schwerer als zunächst gedacht. Und auch das Kennenlernen und gemeinsame Zusammenleben mit Adriel stellt sich anders dar, als gewünscht. Darüber hinaus macht sie sich Sorgen um ihre Mutter und um Kimi, von der sie seit dem Arzttermin nichts mehr gehört hat. Daher begibt sich Yma auf die Suche nach ihrer Freundin und trifft dabei auf den jungen Mann Len, der alles, woran sie bisher geglaubt hat, in Frage stellt. Ab diesem Zeitpunkt steckt Yma in einem Interessenskonflikt, denn ihr großes Problem ist, Mitleid zu empfinden und zu helfen.

Obwohl Yma das Herz am rechten Fleck hat, kam sie mir etwas naiv vor, zwar konnte ich ihre Beweggründe verstehen, aber ihre Gedanken eher weniger, daher hatte ich am Anfang so meine Schwierigkeiten mit ihr. Yma ist fleißig und gütig, hat aber wenig Selbstvertrauen zu sich, was man ihr auch ansieht. Kimi hingegen ist genau das Gegenteil von Yma. Ihr ist bisher alles in den Schoß gefallen und sie musste sich um nichts Gedanken machen. Aber vielleicht ist dies zu eindimensional und engstirnig gedacht. Adriel war mir aufgrund seiner Art nicht wirklich sympathisch, er war mir zu glatt, zu undurchsichtig. Ebenso sein Auftreten Yma gegenüber konnte ich nicht nachvollziehen bzw. gutheißen. Auch Lens Verhalten fand ich zu Beginn recht seltsam, wobei ich dieses im weiteren Verlauf der Story dann verstehen konnte.
 
Gerade den Spagat zwischen Arm und Reich sowie die Angst um sein Leben hat die Autorin hier sehr gut beschrieben, weshalb sich die Leser*innen nicht sicher sein können, wie der jeweilige Charakter agiert und reagiert. Yma hat eine interessante Wandlung erfahren, die mir gefiel und auch Kimi bzw. Len konnten mich von sich überzeugen. Jana Voosen zeigt wunderbar auf, was geschieht, wenn die Finanzierung unseres Lebensstandards, sprich unseren Sozialstaat, wegbricht, es keine Möglichkeiten der medizinischen Versorgung mehr gibt sowie das Verständnis Hilfsbedürftigen zur Seite zu stehen unter Strafe gestellt wird. Dieses Szenario ist mehr als erschreckend und man kann nur hoffen, dass dies nicht eine Zukunft ist, die der Menschheit bevorsteht.


Broken World. Wie willst du leben? (Fischer/KJB) von Jana Voosen skizziert ein sehr erschreckendes Bild einer möglichen Zukunftsaussicht, was so hoffentlich niemals eintreten wird. Uns Menschen zeichnen Hilfsbereitschaft, Selbstbestimmung und Nächstenliebe aus, wenn diese Aspekte verloren gehen, ist dies eine düstere Perspektive für unsere weitere Existenz. Auch wenn die Geschichte recht ruhig ist, weckte sie in mir Beklemmungen und Wut über das Gelesene, denn diese Welt ist düster, bedrückend und gibt wenig Hoffnung für eine positive Entwicklung der Menschheit. Trotzdem ließ mich das Buch etwas Zwiegespalten zurück, weshalb ich letztlich nur knappe 4 von 5 Nosinggläser vergeben habe.



 Gemäß § 2 Nr. 5 TMG kennzeichne ich diese Rezension als Werbung. In meinem Beitrag befindet sich (zu informativen Zwecken) eine Verlinkung zur Webseite des Verlags, in welchem das Buch erschienen ist. Ihr erhaltet somit auch weitere Informationen zum Buch, zum Autor sowie eventuell auch zu weiteren Romanen.

2 Kommentare:

  1. Hallo Uwe,

    bei mir hat das Buch 3,5 Sterne bekommen :) Den Ansatz mochte ich wirklich gerne, die Welt in der Yma lebt ist unfassbar grausam und Jana Voosen hat mir definitiv einiges zum Nachdenken mit auf den Weg gegeben. Abzüge gab es für die plötzliche Romanze am Ende und die fehlende Aussicht auf eine Fortsetzung - ich bin leider kein Fan von offenen Enden und da hat definitiv noch etwas gefehlt!

    Liebe Grüße
    Lisa von Prettytigers Bücherregal (Blog & Instagram)

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    1. Hallo Lisa,

      die Idee und die Welt in der Yma leben muss, haben mich eingenommen. Auch stimme ich dir zu, dass die Story sehr zum Nachdenken anregt. Was deine Kritikpunkte angeht, sind wir ebenfalls einer Meinung und mir hat beim Ende auch etwas gefehlt.

      Liebe Grüße
      Uwe

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Ich danke dir für deinen Besuch und würde mich über einen Kommentar freuen.


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