Freitag, 20. Januar 2023

Rezension - Anatomy: Eine Liebesgeschichte von Dana Schwartz

Übersetzer*in: Cornelia Röser
Ausgabe: Klappenbroschur
Seiten: 384
ISBN: 978-3-
7432-1498-9
Preis: 16,95 €

Quelle: Loewe Verlag

Edinburgh 1817: Die junge Hazel Sinnett träumt davon eines Tages Chirurgin zu werden. Zwar ist Hazel eine Lady, aber ein solcher Beruf ziemt sich für eine Frau in dieser Epoche nicht! Hoffnung keimt in Hazel auf, als ihr der Dozent Dr. Beecham einen Deal unterbreitet: Sollte es ihr gelingen, ohne Unterricht die medizinische Prüfung zu bestehen, so darf sie studieren. Hazel wähnt sich ihrem Ziel nahe und willigt natürlich sofort ein. 

Unerwartete Hilfe erhält sie dabei von Jack Currer, einem Auferstehungsmann, der ausgegrabene Leichen für Lehrzwecke verkauft. Hazel und Jack freunden sich an und so hilft ihr Jack beim Lernen und weckt in Hazel ungeahnte Gefühle. Während Hazel die mitgebrachten Leichen seziert und an diesen übt, fallen ihr immer mehr Besonderheiten und Ungereimtheiten auf, was sie in Schwierigkeiten bringt. Eine Stadt und deren Menschen, die in einem Netz aus Geheimnissen und Intrigen gefangen sind und in der sich Hazel schließlich mittendrin wiederfindet.

Meine Neugierde auf Anatomy. Eine Liebesgeschichte von Dana Schwartz war sofort geweckt, als ich das erste Mal von diesem Buch erfahren habe. Ich erhoffte mir aus den Komponenten einer starken jungen Frau die ihrer Zeit weit voraus ist, sich traut einen beruflichen Weg zu gehen, den die Gesellschaft zur damaligen Zeit rigoros verurteilte gepaart mit vielen Geheimnissen sowie Thrillerelementen und das alles in einem historischen Setting vereint, tolle und spannende Lesemomente und diese bekam ich zum Glück auch.

Der Einstieg in die Geschichte ist ein wenig gruselig und absolut genial, denn die Leser*innen erleben hautnah mit, wie zwei Männer des Nachts eine Leiche ausgraben, um diese zu verkaufen. Generell ist die Handlung nichts für Menschen mit einem zarten Gemüt, da hier doch recht bildlich Leichenschauen, Operationen und ähnliche Dinge beschrieben werden. Diese kleinen Schockmomente sowie die wunderbar gezeichneten Charaktere, allen voran Hazel, Jack und Dr. Beecham sowie der sehr flüssige und lockere Schreibstil der Autorin machen die Story so außergewöhnlich und gut.

Hazel ist eine junge Dame, bei der sich die gesellschaftlichen Zwänge, Regeln und die Etikette nur schwer mit ihrem Forscherdrang und Wissensdurst vereinen lassen. Ihre Eltern sind wohlhabend und haben einen guten Ruf innerhalb der High Society Schottlands und dem British Empire. Während ihr Vater bei der Royal Navy im Ausland arbeitet, überschüttet ihre Mutter ihren jüngsten Sohn Percy mit all ihrer Liebe und Fürsorge. Man könnte auch behaupten, sie erdrückt und verhätschelt ihn über alle Maßen. Entsprechend verhält sich Percy auch gegenüber dem Personal und Hazel. Hazel ist dies nur allzurecht, kann sie doch so ihren Experimenten und Studien über die Medizin anno 1817 frönen. Als sich ihr eine Gelegenheit bietet, bei einem Vortrag ihres Idols Dr. Beecham dabei zu sein, hofft Hazel, dass sich ihr größter Traum, der einer Chirurgin, vielleicht doch noch erfüllt. Und wie es der Zufall will, bekommt Hazel tatsächlich die Möglichkeit mit Dr. Beecham zu sprechen. Innerhalb dieser Diskussion unterbreitet er Hazel eine Wette, die besagt, sollte sie ohne weiteren Unterricht an der Universität, die ärztliche Prüfung bestehen, darf sie als erste Frau überhaupt dort studieren. Hazel ist überglücklich und willigt sofort ein.

Hazel ist eine starke, taffe junge Frau, die beharrlich ihren Weg geht, dabei einfalls- und trickreich ist und vor kaum einer List zurückschreckt, um ihr großes Ziel zu erreichen. Ich mochte sie sofort für ihre Art und auch für den Umgang mit den Menschen/Bediensteten in ihrem Umfeld. Denn sie behandelt sie mit Respekt und Wohlwollen und nicht wie eine besser geborene Adelige. Dr. Beecham ist eine sehr spezielle, wie interessante Figur, die der Story die gewisse Würze verleiht. Er ist dabei nur schwer zu durchschauen und sorgte bei mir, das eine oder andere Mal für Gänsehautmomente. Das Zusammenspiel zwischen Hazel und Jack ist einfach nur großartig, ich spürte während dem Lesen die knisternde Spannung und Atmosphäre zwischen ihnen.

Jack ist ein junger Mann, der zwar einen Job am örtlichen Theater hat, aber mit dem Geld, welches er als Lohn erhält, kaum über die Runden kommt. Deshalb versucht er sich mit dem ausgraben von Leichen etwas dazuzuverdienen. Die Branche der Auferstehungsmänner ist hart, gefährlich und zugleich lukrativ, denn die Ärzte Edinburghs haben regen Bedarf an den Toten. Durch gewisse Ereignisse treffen Jack Currer und Hazel Sinnett so zum ersten Mal aufeinander. Beiden wird recht schnell klar, dass sie voneinander profitieren könnten. Während Hazel in Jack die große Möglichkeit sieht, ihr Wissen auf dem Gebiet der Anatomie am Menschen zu studieren, ist es für Jack eine finanziell lukrative Arbeit. Je länger diese fruchtbare Zusammenarbeit andauert, umso mehr vertrauen sich die beiden und freunden sich schließlich an. Dabei weckt Jack in Hazel Gefühle, die sie bis dahin noch nie wirklich gespürt hat. Jack ist eine gute Seele, die das Herz auf dem rechten Fleck trägt, er war mir gleich sympathisch, auch wenn seine nächtliche Beschäftigung etwas gewöhnungsbedürftig ist.

Die Geschichte ist temporeich, fesselnd und super interessant, weshalb ich das Buch kaum zur Seite legen konnte. Auch der Humor und die Romantik sowie eine gute Portion Liebe dürfen dabei natürlich nicht fehlen. Die in diesem Buch behandelten Themen wie Feminismus, das Vermitteln von medizinischem Wissen gepaart mit düsteren Plätzen, wie Friedhöfen und kalten Vorlesungssälen oder wunderschönen schottischen Schlössern machen diese Lektüre zu etwas ganz besonderem. Die Beschreibungen des 18. Jahrhunderts mit seinen archaischen  Grundgedanken, dass Frauen nicht lernen dürfen, ungefragt verheiratet werden, nur um den eigenen Stand der Familie aufrecht zu erhalten oder gar zu vergrößern, veranlassten mich des Öfteren mit dem Kopf zu schütteln. Ein gutes Beispiel ist hier Hazels Cousin Bernard, der sich für etwas Besseres hält und die Frauen herum kommandiert. Bereits seit Kindertagen wurde festgelegt, dass beide später einmal heiraten sollen, sehr zum Leidwesen von Hazel. Bernard mochte ich definitiv nicht, er ist arrogant, eingebildet und hinterhältig, immer nur auf seinen Vorteil bedacht und nicht wirklich in Hazel verliebt. Er tut was von ihm verlangt wird und macht Hazel den Hof, interessiert sich aber nicht wirklich für sie.

Je mehr Hazel an den mitgebrachten Leichen von Jack seziert und an diesen übt, umso häufiger fallen ihr Besonderheiten und Ungereimtheiten auf, was beide letztlich in große Schwierigkeiten bringt. Und so finden sich Hazel und Jack in einem Netz aus Intrigen und Geheimnissen wieder, die ihr beider Leben gefährden.


Mit Anatomy. Eine Liebesgeschichte ist Dana Schwartz (Loewe) ein fesselnder und spannender Auftaktband gelungen, der den Leser*innen sprichwörtlich unter die Haut geht. In einem sehr atmosphärischen und historischen Setting beschreibt die Autorin eine junge Frau, die für ihre Träume und Wünsche kämpft, sich von Widrigkeiten nicht abhalten lässt und den Mut findet über sich hinaus zu wachsen. Das Lesen des Buches entwickelte bei mir einen regelrechten Sog, da ich unbedingt erfahren wollte, ob es Hazel gelingen würde, die erste weibliche Studentin im 18. Jahrhundert zu werden. Mein einziger Kritikpunkt ist, dass Hazel vieles zu leicht gemacht wurde, sie schalten und walten konnte, wie es ihr beliebt. Hier hätte ich mir etwas mehr Widerstand von außen gewünscht, wobei dies Jammern auf großem Niveau ist. Da ich recht begeistert von diesem Buch bin und ich mich sehr auf die Fortsetzung freue, vergebe ich gute 4,5 von 5 Nosinggläser.





Reihe:

Band 1: Anatomy: Eine Liebesgeschichte

Band 2: Immortality: A Love Story - erscheint im englischen ca. Ende Febr.´23



 Gemäß § 2 Nr. 5 TMG kennzeichne ich diese Rezension als Werbung. In meinem Beitrag befindet sich (zu informativen Zwecken) eine Verlinkung zur Webseite des Verlags, in welchem das Buch erschienen ist. Ihr erhaltet somit auch weitere Informationen zum Buch, zum Autor sowie eventuell auch zu weiteren Romanen.

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