Montag, 3. Oktober 2022

Rezension - Auf der Tonnenseite des Lebens von Antje Leser

Ausgabe: Hardcover
Seiten: 272
ISBN: 978-3-7348-5062-2
Preis: 18,00 €

Quelle des Covers: Magellan Verlag


Bisher hat sich Joel keine Gedanken über Menschen, die in Containern nach Essen wühlen, gemacht. Als er auf die charismatische Influencerin Merle trifft und diese ihn bittet für ihren Nachhaltigkeits-Blog zu recherchieren, taucht Joel in eine, ihm bislang unbekannte Welt, ab. 
 
Denn nicht nur Ökos und Weltverbesserer gehen nachts "containern", sondern auch die geheimnisvolle Kira, die so ihre Familie ernährt. Joel ist völlig fasziniert von Kira, die aber nur wenig von sich preisgibt. Als Merle´s Methoden immer reißerischer werden und sie ihn auffordert immer heftigere Storys für sie zu finden, meldet sich Joels Gewissen und stellt ihn vor eine schwere Entscheidung.


Meine Neugierde auf Antje Leser´s neuestes Werk
Auf der Tonnenseite des Lebens war recht groß, da mich bereits ihr Buch Luftschlösser sind schwer zu knacken begeistern konnte. Darüber hinaus gefallen mir ihre Ideen und ihr Schreibstil richtig gut. Alles Voraussetzungen für tolle und interessante Lesestunden.

Zunächst lernte ich Joel kennen, der sich in seinem letzten Schuljahr befindet und sein Abitur anstrebt. Eigentlich ist er ein guter Schüler, doch die ganze Problematik im Hinblick auf Corona hat ihn etwas träge und lustlos werden lassen. Ihm fehlt es an Motivation und so lebt er teilweise in den Tag hinein. Dies ändert sich, als die hübsche und charismatische Merle in das Mehrfamilienhaus einzieht. Joel ist sofort Feuer und Flamme für die junge Frau und als die beiden sich näher kennenlernen erfährt er, dass Merle bereits studiert und als Influencerin einen sehr erfolgreichen Nachhaltigkeits-Blog betreibt. Joel hatte bisher wenig Berührungspunkte mit Social Media und so wird seine Welt, mit der Freundschaft zu Merle, völlig auf den Kopf gestellt.

Joel ist ein gütiger und herzensguter Mensch, der seine Umwelt wahrnimmt und für seine Mitmenschen da ist. Ich mochte ihn sofort und konnte seine Begeisterung für Merle recht gut nachvollziehen. Trotzdem hätte ich ihn manchmal schütteln können, da er vor lauter Schwärmerei für Merle, die Augen vor manchen Dingen verschloss. Merle weiß um ihre Anziehungskraft bei den Männern und nutzt diese äußerst geschickt aus. Schnell hat sie die beiden WG-Mitbewohner Linus und Kim sowie Joel für sich und ihr Projekt eingespannt. Merle ist nicht gerade auf den Mund gefallen, denn sie kann sich sehr gut ausdrücken und ihre Fangemeinde liebt sie. Dafür steckt Merle jede freie Minute in ihren Blog, postet die neuesten Trends und ist auf Instagram omnipräsent.
 
Ihr neuestes Projekt soll sich um die Verschwendung von Lebensmitteln drehen und hierfür hat Merle Joel auserkoren. Er soll als Mann vor Ort von Menschen berichten, die es schwer im Leben haben, die "containern gehen". Mir sagten bis zu diesem Zeitpunkt die beiden Begriffe rein gar nichts. Natürlich ist mir bewusst, dass es Personen gibt, die wenig Geld haben und damit haushalten müssen oder aus den unterschiedlichsten Gründen vielleicht auf der Straße leben und sich nicht einfach mal so etwas zu essen kaufen können. Aber sind wir mal ehrlich, kaum jemand macht sich Gedanken darüber, woher diese Menschen ihre Lebensmittel bekommen. Jede/jeder lebt in seiner eigenen Blase und man kümmert sich um sich selbst. 

Joels Begeisterung für dieses Projekt hält sich zunächst in Grenzen, denn es widerstrebt ihm in Mülleimern und Containers zu wühlen. Doch er möchte Merle helfen und sie beeindrucken, weshalb er sich auf den Deal einlässt. Er verabredet sich mit Steff und Sina für ein Interview, die beide der Stadt den Rücken gekehrt und ein Leben in einer Kommune mitten in der Natur, ohne Strom, ohne Internet und fernab unserer Konsumwelt gewählt haben. Auf den ersten Blick könnte man die Beiden als Ökos oder Weltverbessererinnen bezeichnen, doch sie engagieren sich für Menschen die Hilfe benötigen und leisten somit einen sehr wertvollen Beitrag für das Gemeinwohl. Denn sie haben es sich zur Aufgabe gemacht, Lebensmittel aus den Containern der Supermärkte zu retten und diese an Hilfsbedürfte zu verteilen.

Dass, was Joel während seinen Recherchen hier erlebt, brachte mich definitiv zum Nachdenken. Einfühlsam, vielschichtig und sozialkritisch führt uns Antje Leser mehr als deutlich vor Augen, was es bedeutet so leben zu müssen. Nicht zu wissen, woher man Lebensmittel bekommen soll, um sich und eventuell seine Familie richtig ernähren zu können. Ich war geschockt und empfand Mitleid mit den einzelnen Charakteren. Es ist erschreckend, wie wir mit unserer Nahrung sowie mit den uns zur Verfügung stehenden Ressourcen umgehen. Viel zu schnell und häufig ohne Not, werfen wir Essen weg, während so viele auf der Welt hungern. Auch ich nehme mich hier nicht aus der Verantwortung, denn wir, als Gesellschaft, kaufen bereits falsch ein. Lieber weniger und bewusster, als Masse sollte hier das Motto sein!
 
Im weiteren Verlauf lernte ich außerdem noch Kira kennen. Sie ist ungefähr im gleichen Alter wie Joel und als dieser sie zum ersten Mal trifft, ist er völlig fasziniert von ihr. Aber Kira bleibt zunächst für ihn unnahbar und geheimnisvoll, da sie von sich kaum bis gar nichts preisgibt. Ich mochte Kira sofort und ihre Beweggründe sind richtig heftig und gehen ans Herz. Ich konnte gut nachvollziehen, weshalb Kira auf Distanz zu Joel blieb, doch mit jedem weiteren Treffen lässt sie sich ein Stück weit mehr auf ihn ein. Das Zusammenspiel der Beiden gefiel mir sehr gut und ist buchstäblich aus dem Leben gegriffen.
 
Als Merle Joel auffordert, mehr über die Schicksale der verschiedenen Personen, die er jedes Wochenende beim containern trifft, preis zu geben und ihre Methoden immer reißerischer und skrupelloser werden, um so ihrem Publikum noch heftigere Storys präsentieren zu können, meldet sich Joels Gewissen. So muss er sich entscheiden, ob er Merle´s Forderung nachkommt oder die Menschen beschützt, die ihm in dieser kurzen Zeit ans Herz gewachsen sind.


Die hier aufgegriffenen Themen wie Verschwendung von Lebensmitteln, Rohstoffknappheit, Influencer*innen auf der Suche nach Beiträgen/Klicks sowie Ausbeutung von sozial schwachen Menschen finde ich sehr wichtig. Diese Aspekte hat Antje Leser in Auf der Tonnenseite des Lebens (Magellan) nicht nur eindrucksvoll und gefühlvoll dargestellt, sondern auch toll umgesetzt. Dabei taucht sie in die Niederungen unserer Gesellschaft ab und verdeutlicht äußerst anschaulich, wie schwer deren Leben ist. Eine sehr bewegende und berührende Geschichte die zum Nachdenken anregt und die ich sehr empfehlen kann - 5 von 5 Nosinggläser.





 Gemäß § 2 Nr. 5 TMG kennzeichne ich diese Rezension als Werbung. In meinem Beitrag befindet sich (zu informativen Zwecken) eine Verlinkung zur Webseite des Verlags, in welchem das Buch erschienen ist. Ihr erhaltet somit auch weitere Informationen zum Buch, zum Autor sowie eventuell auch zu weiteren Romanen.

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